• Steckbrief
    Bestimmungsmerkmale

    Die Wiesenweihe ist ein schlanker, äußerst wendiger Greifvogel. Mit einer Körperlänge von 38 bis 45 cm und einer Flügelspannweite von 102 bis 116 cm ist sie nur wenig kleiner als ein Mäusebussard, aber mit einem Gewicht von lediglich 250 bis 380 Gramm deutlich leichter gebaut.

    Bei der Nahrungssuche fliegt sie häufig gaukelnd – das heißt langsam flatternd oder scheinbar taumelnd – nur wenige Meter über dem Boden.

    Das Männchen ist an seiner blaugrauen Oberseite mit schwarzen Flügelspitzen, einem hellen Bauch und einer markanten Bänderung der Flügelunterseite gut zu erkennen.
    Das Weibchen zeigt eine braune Oberseite mit weißem Bürzel, einen hellen, braun gestrichelten Bauch und ebenfalls eine auffällige Bänderung der Flügelunterseite.

    Wiesenweihenmännchen, © A. Ziebell
    Wiesenweihenmännchen, © H. Huizing
    Akrobatische Futterübergabe, © H. Huizing
    Vier Jungvögel
    Wiesenweihenweibchen, © A. Ziebell
    Wiesenweihenweibchen, © H. Huizing

     

    Verwechselungsarten

    Häufig wird die Wiesenweihe mit der Rohrweihe verwechselt. Letztere unterscheidet sich jedoch sowohl im Erscheinungsbild als auch in ihrer Größe: Mit einer Flügelspannweite von bis zu 130 cm und einem Körpergewicht von 540 bis 740 Gramm ist sie deutlich größer und kräftiger gebaut.

    Weitere mögliche Verwechselungsarten sind die Steppenweihe und die Kornweihe. Beide ähneln der Wiesenweihe in Größe und Erscheinung. Sie lassen sich in Brandenburg nur als seltene Durchzügler bzw. Wintergäste beobachten.

    Vorkommen der Wiesenweihe

    Die Wiesenweihe brütet von Nordafrika über weite Teile Europas bis nach Zentralasien. Obwohl sie in vielen europäischen Ländern vorkommt, ist ihre Verbreitung insgesamt lückenhaft. Die Schwerpunkte der europäischen Population liegen vor allem in Osteuropa (Russland, Belarus und Ostpolen) sowie in Südwesteuropa (Spanien und Frankreich). In Deutschland ist die Art nur regional verbreitet, mit Vorkommen in einzelnen Schwerpunktregionen.

    Der gesamtdeutsche Bestand schwankt und liegt bei etwa 470 bis 550 Brutpaaren. Die größte Population findet sich in Bayern, insbesondere in der Region Mainfranken. Weitere bedeutende Vorkommen bestehen im Norddeutschen Tiefland, vor allem in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

    Brutpaare im Land Brandenburg von 1993 bis 2024, Quelle: Staatliche Vogelschutzwarte Brandenburg und eigene Erhebungen

     

    In den 1990er Jahren gab es in Brandenburg nur wenige bis keine Brutnachweise. Seitdem hat sich der Bestand durch gezielte Schutzmaßnahmen erfreulich entwickelt. Die Wiesenweihe ist in Deutschland und Brandenburg in der Roten Liste als stark gefährdet eingestuft und gilt nach § 7 Bundesnaturschutzgesetz als streng geschützte Art.
    Der positive Bestandstrend ist in erster Linie dem intensiven ehrenamtlichen Engagement im Artenschutz zu verdanken.

     

    Verbreitungsschwerpunkte der Wiesenweihe im Land Brandenburg (1993–2024)

     

    Zugverhalten

    Die Wiesenweihe ist ein Langstreckenzieher. Während die Vögel des europäischen Bestands südlich der Sahara in Westafrika überwintern, ziehen die östlichsten Populationen bis nach Pakistan und Indien.

    Das Brutgebiet in Deutschland erreichen die Wiesenweihen zwischen Ende April und Mitte Mai. Bereits ab Ende Juli bis Anfang August beginnt der Rückzug in die Winterquartiere, kurz nachdem die Jungvögel flügge geworden sind.

    Nahrung

    Die Wiesenweihe ernährt sich überwiegend von Feldmäusen, Kleinvögeln, Reptilien und Insekten. Der Bruterfolg hängt maßgeblich von der Nahrungsverfügbarkeit ab: In Jahren mit hoher Feldmausdichte ist er deutlich besser als in Jahren mit geringem Beuteaufkommen.

  • Lebensraum und Gefährdung
    Lebensraumverschiebung

    Die Wiesenweihe ist durch den Verlust von Lebensräumen bedroht. Ursprünglich brütete sie in Hochmoorheiden, Niedermoorflächen, Seggenrieden, Feuchtwiesen und Grünlandflächen – daher auch ihr Name.

    Durch Intensivierung der Landwirtschaft, Entwässerung von Mooren und Torfabbau gingen die natürlichen Lebensräume seit den 1970er-Jahren weitgehend verloren. Daher besiedelt die Wiesenweihe zunehmend landwirtschaftlich genutzte Flächen und brütet heute überwiegend in Ackerkulturen.

    Bedrohung durch Ernte

    Als bodenbrütende Art ist sie besonders durch die Ernte bedroht. Da die Vögel erst im Mai mit dem Brüten beginnen, erfolgt die Ernte für sie in den meisten Fällen zu früh. Ohne Schutz würde der Großteil der Gelege und Jungvögel der Mahd zum Opfer fallen.
    Verschärfend kommt hinzu, dass sich die angebauten Kulturen verändern: In Brandenburg werden mittlerweile auf rund 30 Prozent der Ackerflächen Energiepflanzen wie Mais und Raps angebaut. Mit Mais bestellte Flächen fallen als Bruthabitat gänzlich aus. Raps wird nur selten zum Brüten genutzt und dortige Bruten verlaufen kaum erfolgreich.

    Ökologische Falle

    Der Anbau von Energieroggen (Grünroggen), der bereits Anfang Mai für Biogasanlagen gemäht wird, stellt eine ökologische Falle dar. Zum Zeitpunkt der Rückkehr der Wiesenweihen aus dem Winterquartier bieten diese Flächen im Gegensatz zu anderen Getreidearten eine attraktive Vegetationshöhe und damit scheinbar geeignete Brutplätze. Die Ernte fällt jedoch mit dem Brutbeginn zusammen.
    Verliert ein Paar seinen Brutplatz oder die ersten Eier, endet die Brutsaison oft erfolglos. Nachgelege ließen sich im Nordosten Brandenburgs bisher nur äußerst selten beobachten.

    Eine weitere Gefährdung stellen Prädatoren dar – vor allem Füchse, aber auch Wildschweine und Waschbären sowie Krähenvögel und andere Greifvögel.

    Verlust von Lebensraum

    Der Rückgang typischer Feldvögel, wie der Feldlerche, verschärft in feldmausarmen Jahren die Nahrungsknappheit für die Wiesenweihe in der Kulturlandschaft. Attraktive Nahrungsflächen wie Brachen oder Konversionsflächen (z. B. ehemalige Truppenübungsplätze) werden zunehmend rar, da sie wieder landwirtschaftlich genutzt oder anderen Zwecken zugeführt werden.
    In Brandenburg schreitet der Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen im Zuge der Energiewende stark voran. Die Überbauung großer zusammenhängender Flächen führt zum Verlust wichtiger Nahrungshabitate vieler Greifvogelarten.

  • Schutzbemühungen

    Der praktische Schutz der Wiesenweihe erfordert zeitintensive Maßnahmen.

    Kartieren

    Zentrale Bedeutung hat die Kartierung, also das Auffinden möglicher Reviere potenzieller Brutpaare und insbesondere der exakten Nistplätze. Sie beginnt mit der Ankunft der ersten Weihen ab Ende April und bildet die Grundlage für gezielte Schutzmaßnahmen. Die Lokalisierung eines einzelnen Brutpaares kann mehrere Tage in Anspruch nehmen und erfordert viele Beobachtungsstunden, verteilt über eine Fläche von bis zu 1.000 Hektar. Oft sind mehrere Personen daran beteiligt.

    Der Aufwand wird noch deutlicher beim Blick auf die potenziellen Bruthabitate und Verbreitungsschwerpunkte der letzten Jahrzehnte in Brandenburg: Diese umfassen rund 1.870 km², auf denen etwa 20 bis 40 entdeckte Paare – meist auf Ackerflächen – brüten. Die tatsächliche Anzahl dürfte jedoch höher sein. Immer wieder finden wir Hinweise auf ausgemähte Bruten, die unentdeckt geblieben sind und dadurch verloren gingen.

    Koordinieren

    Zur aufwendigen Suche in Feld und Flur kommen die tägliche Auswertung der Beobachtungen unserer Vereinsmitglieder, die Prüfung von Hinweisen Außenstehender sowie Meldungen über www.ornitho.de hinzu. Ziel ist es, Brutverdachtsräume zu identifizieren und gezielte Kontrollen zu organisieren. Zur Unterstützung der zeitintensiven Geländebeobachtungen wird auch eine Drohne eingesetzt, um Brutplätze effizienter zu lokalisieren.

    Aufbau des Nestschutzes
    Vogelperspektive, vier Jungvögel in gezäuntem Nest
    Hier verstecken sich drei Nester in einem Schlag
    von der Mahd verschonte Restfläche (50x50m)
    Nest entdeckt, Weibchen fliegt ab
    zwei Jungvögel sitzen auf dem Schutzzaun

     

    Zäunen & Betreuen der Standorte

    Ist ein Nest gefunden, werden der zuständige Landwirt, die Naturschutzbehörde und die Staatliche Vogelschutzwarte informiert. Anschließend wird das Nest mit einem Schutzzaun von 2 × 2 m gesichert. Zusätzlich wird eine Restfläche von 50 × 50 m um den Standort ausgegrenzt, mit Pflöcken markiert und bis zum Ausfliegen der Jungvögel von der Mahd ausgenommen. Je nach Situation und Ackerkultur wird diese Fläche teils zusätzlich mit einem Weidezaun geschützt, um Prädatoren fernzuhalten.

 

Weitere Informationen

 

Wiesenweihenweibchen kurz vor der Landung, © A. Ziebell
Männchen mit typischer V-förmiger Flügelhaltung, © H. Huizing
Beringter Jungvogel auf einem Strohballen, © Leikies
Wiesenweihenmännchen, © H. Huizing
Männchen nutzt die Thermik
Jungvogel aus Vogelperspektive
Männchen bei der Nahrungssuche, © R. Müller
Weibchen mit frisch geschlüpften Jungvögeln aus der Vogelperspektive
Nest gefunden – Weibchen fliegt ab, Beringungskontrolle per Foto
Kurz vor der Kopulation, © H. Huizing
Bau des Nestschutzes mit viel Freude und mit schwerem Gerät
Weibchen mit Nistmaterial, © H. Huizing
Kurz vor der Futterübergabe, © H. Huizing
Wiesenweihenmännchen auf einem Pfosten, © H. Huizing
Die Mahd ist eine wesentliche Gefährdung der Bodenbrüter
50m x 50m Restfläche um das Nest bleiben von der Mahd verschont
Einsatz moderner Drohnen mit Wärmebildkamera
Gelege mit fünf Eiern in einem gezäuntem Nest